Luise Aschenbrenner im Interview zu „Die Akademie“: „Jeder kann sich in irgendeiner Weise mit dem Film identifizieren“
- Toni Schindele
- 21. März
- 5 Min. Lesezeit
„Ich mochte an der Rolle, dass sie so tragisch ist. Sie hintergeht ihre Freundin, um Erfolg zu haben, aber glücklich macht es sie nicht", erzählt Schauspielerin Luise Aschenbrenner im Interview zu „Die Akademie“ über ihre Rolle Siri.

Ein leerer Raum, eine Leinwand, ein ungewisser Anfang – die Kunst beginnt oft mit einem Moment des Zweifelns. Wer etwas erschaffen will, muss nicht nur Ideen, sondern auch Mut mitbringen. Und nicht selten wird dieser Mut auf die Probe gestellt – durch äußere Umstände, Erwartungen und Konkurrenz. In „Die Akademie“ geht es um genau diese Herausforderungen: um junge Kunstschaffende, die ihren Platz in einer Welt suchen, die ebenso inspirierend wie gnadenlos ist. Eine von ihnen ist Siri, gespielt von Luise Aschenbrenner. Die Schauspielerin, die sich sowohl im Theater als auch im Film einen Namen gemacht hat, kennt das Gefühl, für eine Leidenschaft kämpfen zu müssen.
Der Film Journalist: „Die Akademie“ zeigt, wie schwierig es ist, sich als kunstschaffender Mensch zu behaupten. Wie gehst du mit diesem stetigen Druck um, dich permanent für Rollen beweisen zu müssen?
Luise Aschenbrenner: Das hat mich am Film besonders an meine eigene Zeit erinnert – mein Schauspielstudium an der UdK Berlin, aber auch schon die ganzen Vorsprechen für die Schauspielschulen. Es gibt wahnsinnig viele Bewerber, doch am Ende werden nur acht bis zehn Kandidaten ausgewählt. Und selbst das garantiert nicht, dass man danach einen Job bekommt oder regelmäßig Geld verdient. Schauspiel, egal ob Theater oder Film, bedeutet meist einmalige Projekte. Man plant nicht lange in die Zukunft, man arbeitet im hier und jetzt, ohne zu wissen, wann das nächste Projekt auf einen wartet. Gleichzeitig macht genau das den Reiz aus: Man muss für die Rollen kämpfen, sich mit vollem Einsatz in jedes Casting werfen. Der Beruf besteht mehr aus Absagen als aus Zusagen. Man muss immer wieder weitermachen und darf sich nicht entmutigen lassen. Ich glaube, das ist in der Kunst ähnlich – man darf einfach nicht aufgeben. Ich bin jedenfalls sehr dankbar, dass ich all die Jahre so viele unterschiedliche und vielschichte Rollen verkörpern durfte, Siri ist auf jeden Fall eine davon.

Der Film Journalist: Kunst hat viele Formen und Definitionen. Was bedeutet Kunst für dich?
Luise Aschenbrenner: Kunst will etwas Einzigartiges schaffen und gleichzeitig braucht jedes Kunstwerk auch seine Finanzierung, seine Mittel, um es umzusetzen. Und am Schluss gibt es auch noch das Publikum, dass das Kunstwerk betrachtet und um dessen Gunst man ja auch irgendwie buhlt. Diese Ambivalenz ist schwer aufzulösen. Man kann nur einen Film drehen, wenn er finanziert wird. Das heißt, man muss sich nach vielen Vorgaben richten und trotzdem versuchen, seine eigene Botschaft zu vermitteln. Qualität, Talent – all das ist subjektiv. Vincent van Gogh ist arm und verzweifelt gestorben, heute hängen seine Werke in allen großen Galerien. Was also bedeutet Erfolg in der Kunst? Wann ist man wirklich erfolgreich und wann kommerziell? Und vor allem: wann ist man selbst mit sich und seiner Arbeit zufireden? Ich mag am Film, dass er diese Fragen einfach stellt, ohne eine Antwort zu geben. Kunst – genauso wie Schauspiel – ist nie nur für einen selbst, sondern immer auch für das Publikum.
Der Film Journalist: Regisseurin Camilla Guttner hat selbst an der Kunstakademie studiert. Wie hat dieser autobiografische Bezug ihre Arbeit beeinflusst?
Luise Aschenbrenner: Sie ist sehr auf uns als Persönlichkeiten eingegangen. Wir haben in der Kunstakademie gedreht, dem selben Ort, an dem Camilla ebenfalls Jahre zuvor studiert hat, was dem Ganzen eine besondere Atmosphäre gegeben hat. Viele am Set, selbst Kleindarsteller, hatten dort studiert. Camilla hat auch eigene Bilder gemalt, die im Film zu sehen sind. Sie hat viel von ihrer eigenen Zeit an der Akademie in den Film einfließen lassen. Deshalb konnte man sofort eintauchen – weil es so nah an ihr und ihren Erfahrungen war.
Der Film Journalist: Deine Figur Siri studiert bereits länger als Jojo, wird aber aus der Akademie geworfen. Was hat dich an der Rolle gereizt und wie hast du dich vorbereitet – war Malerei schon vorher Teil deines Lebens?
Luise Aschenbrenner: Ich war über eineinhalb Jahre mit Camilla im Gespräch. Zufällig haben wir uns in München getroffen – ich komme aus der Nähe – und haben uns über Kunst unterhalten. Ich male selbst, früher sogar mehr, bevor das Schauspiel dazu kam und ich irgendwann keine Zeit mehr dafür hatte. Ich hatte sogar mal überlegt, Kunst zu studieren, aber durch die viele Arbeit blieb das Malen auf der Strecke. Unser Gespräch drehte sich viel um Kunst und ihre Erfahrungenund irgendwie war schnell klar, dass ich dabei bin – nur noch nicht wann und wie genau. An der Figur Siri fand ich spannend, dass sie gleichzeitig bemitleidenswert und manipulativ ist – eine vermeintlich schlechte Freundin, die eigentlich nur verzweifelt versucht ihren schlechtes Selbstwertgefühl zu heilen. Erfolg und Freundschaft unter einen Hut zu bringen, ist in einer Welt voller Konkurrenz und Ellenbogenkämpfe sowieso schon schwierig. Vor allem für jemand wie Siri. Ich mochte an der Rolle, dass sie so tragisch ist. Sie hintergeht ihre Freundin, um Erfolg zu haben, aber glücklich macht es sie nicht. Genau das hat mich an ihr interessiert.

Der Film Journalist: Was glaubst du, warum gerade in kreativen Umfeldern Freundschaften schnell auf die Probe gestellt werden können?
Luise Aschenbrenner: Man wird ständig verglichen und macht sich selbst enormen Druck. In diesem Beruf wird man ununterbrochen bewertet. Ich versuche deshalb, mich darauf zu konzentrieren, ob ich denn mit meiner eigenen Leistung zufrieden bin – ob ich an diesem Tag mein Bestes gegeben habe. Vieles kann man gar nicht beeinflussen. Es hängt nicht nur davon ab, ob man in eine bestimmte Rolle passt, sondern ob man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist. Zufälle spielen eine große Rolle. Gute Freunde können dann helfen, nicht in ein Loch zu fallen, wenn man mal eine zähere Phase hat – Sowas bräuchte Siri eigentlich im Film. Ich glaube sogar, dass es bereichernd sein kann, in derselben Branche zu arbeiten, indem man sich ehrlich reflektiert und konstruktive Kritik auf Augenhöhe zulässt. Doch dafür muss man bereit sein. Gerade jetzt ist die Auftragslage besonders schwierig. Im Theater und Kulturbereich wurden viele Stellen gestrichen und auch im Film wird weniger gedreht. Das erhöht den Druck zusätzlich. Deswegen ist es umso wichtiger, zusammenzuhalten.
Der Film Journalist: Du hast ein klassisches Schauspielstudium absolviert, Maja Bons kam als Quereinsteigerin zum Film. Wie hast du eure Zusammenarbeit erlebt?
Luise Aschenbrenner: Maja ist eine sehr bodenständige, in sich ruhende Person mit einer tollen Ausstrahlung. Ein klassisches Schauspielstudium ist eigentlich immer auf Theater ausgerichtet, weil man dafür ein Studium braucht. Im Film kann man auch quer einsteigen, man braucht zum Beispiel keine Bühnensprache, kann ganz anders in Rollen eintauchen. Es ist eigentlich immer schön, einer Kollegin zu begegnen, die offen ist und auf einen eingeht – so wie Maja. Besonders in dieser Freundschaftsdynamik hat das sehr gut funktioniert. Für mich spielt es da keine Rolle, wie viel Erfahrung sie vorher hatte. So wie es war, war es richtig.
Der Film Journalist: Der Film behandelt auch viele Themen, die weit über die Kunstszene hinausgehen. Deshalb als Abschlussfrage: Warum findest du, sollte man sich „Die Akademie“ im Kino ansehen?
Luise Aschenbrenner: Der Film behandelt viele Themen: Erwachsenwerden, sich selbst finden, herausfinden, was man vom Leben will. Ich mag, dass es am Ende offen bleibt. Wird Jojo weiter studieren? Oder entscheidet sie sich für etwas ganz anderes? Ich glaube, jeder kann sich in irgendeiner Weise mit dem Film identifizieren – auch ohne Kunststudium oder Bezug zur Kunstwelt. Es geht um Freundschaft und darum, seinen eigenen Weg zu finden. Darüber hinaus hoffe ich, dass der Film wieder mehr Menschen ins Kino bringt. Seit Corona kämpfen viele Kinos ums Überleben. Es ist einfach ein anderes Erlebnis, gemeinsam ins Kino zu gehen, sich danach auszutauschen, zu diskutieren. Genau wie im Theater. Ich hoffe, dass viele den Film sehen und etwas für sich daraus mitnehmen können.
„Die Akademie“ läuft ab dem 20. März 2025 im Kino.
Neugierig geworden? – sieh hier den Trailer:
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