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Kritik zu „Schneewittchen“: Der meist gehasste Film 2025?

Toni Schindele

Mit „Schneewittchen“ bringt Disney bereits die 16. Realverfilmung eines Animationsklassikers auf die Leinwand – und widmet sich dabei ausgerechnet dem Film, mit dem 1937 alles begann. Unter der Regie von Marc Webb soll die märchenhafte Nostalgie des Originals bewahrt, zugleich aber mit neuen Impulsen in eine moderne Ära überführt werden.


Kritik zu „Schneewittchen“: Ein neues Kapitel im Märchenuniversum von Disney
Bildnachweis: © 2024 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Mit „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ brachte Walt Disney 1937 seinen ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm in die Kinos und begeisterte damit Generationen von Zuschauern. Der 83 Minuten lange Film gehört laut dem American Film Institute zu den 100 besten US-Filmen aller Zeiten und etablierte Disney als Pionier in der Animation. Trotz anfänglicher Zweifel der Filmindustrie an der Viabilität eines so langen Animationsfilms erwies sich der Film als bahnbrechender Erfolg und legte den Grundstein für Disneys zukünftige Erfolgsgeschichte im Animationsbereich. In den letzten Jahren hat Disney nun begonnen, seine klassischen Zeichentrickfilme als Live-Action-Versionen neu zu interpretieren, was zu einer Reihe von erfolgreichen Neuverfilmungen geführt hat, darunter „Die Schöne und das Biest“ und „Aladdin“.


Bereits in den frühen 2010er-Jahren gab es auch erste Gerüchte über eine Realverfilmung von „Schneewittchen und die sieben Zwerge“, doch erst der Erfolg der genannten Filme führte zu konkreteren Plänen. 2016 wurde die Neuverfilmung offiziell angekündigt und 2021 war es dann soweit: Marc Webb übernahm die Regie und Rachel Zegler wurde für die Rolle der Schneewittchen gecastet. Doch damit kippte die Stimmung drastisch. Denn seit der Besetzung von Hauptdarstellerin Rachel Zegler steht das Projekt im Zentrum heftiger Diskussionen. Zegler, die kolumbianische und US-amerikanisch-polnische Wurzeln hat, sieht sich seit Monaten heftiger Kritik und Hass ausgesetzt, da einige die Wahl aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit als nicht werktreu erachten und Disney eine „woke“ Agenda unterstellen.


Kritik zu „Schneewittchen“: Ein neues Kapitel im Märchenuniversum von Disney
Bildnachweis: © 2024 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Zudem verstärkten Zeglers kritische Äußerungen zum Originalfilm sowie ihre politischen Kommentare die Kontroversen. Auch die Besetzung von Gal Gadot als böse Königin sorgte für öffentliche Diskussionen, vor allem aufgrund ihrer politischen Äußerungen zur aktuellen Lage im Nahen Osten. Diese polemischen Debatten spiegelten sich auch in der Reaktion auf die Trailer wider, die in den sozialen Medien überwiegend negativ aufgenommen wurden. Doch da dieser Hass-Sturm ohnehin nicht konsistent einer Logik folgt und nicht von der Zielgruppe dieses Films ausgeht, ist es müßig, sich weiter mit Hass-Wellen im Internet zu befassen. Viel wichtiger ist die Frage, wie gut „Schneewittchen“ letztlich wirklich gelungen ist?


Darum geht es:


In einem magischen Königreich, in dem Schönheit Macht bedeutet, gerät die junge Schneewittchen ins Visier ihrer neidischen Stiefmutter – der bösen Königin. Als der magische Spiegel verkündet, dass Schneewittchen ihre Schönheit überstrahlt, kennt die Herrscherin nur ein Ziel: sie muss verschwinden. Doch der beauftragte Jäger bringt es nicht übers Herz, sie zu töten und so flieht Schneewittchen tief in den verwunschenen Wald. Dort findet sie Zuflucht in einem geheimnisvollen Haus, das von sieben ungewöhnlichen Bewohnern bewohnt wird. Doch die bösen Königin erfährt von ihrem Überleben und spinnt eine perfide Intrige ...


Die Rezension:


Es lässt sich darüber streiten, ob es dreizehn oder vielleicht doch mehr Disney-Prinzessinnen gibt, klar ist aber, dass Schneewittchen die erste war. Um ihr über diesen Umstand hinaus mehr Profil zu verleihen, hat man um sie herum nun eine schicksalhafte Prophezeiung gewoben. So erhält Schneewittchen eine konkrete politische Motivation – das Erbe ihres verstorbenen Vaters anzutreten, das Reich aus der Hand ihrer tyrannischen Stiefmutter zu befreien und damit zur selbstbestimmten Heldin aufzusteigen. Statt der passiven Märchenfigur definiert sich dieses Schneewittchen von Beginn an durch eine klare Bestimmung. Die Charakterentwicklung bleibt dadurch aber auch recht dünn; Schneewittchen beginnt und endet als Figur mit den gleichen Eigenschaften – Güte, Mitgefühl und Mut – ohne innerliche Transformation.


Kritik zu „Schneewittchen“: Ein neues Kapitel im Märchenuniversum von Disney
Bildnachweis: © 2024 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Es fehlt an einem erkennbaren inneren Entwicklungsbogen; ihre moralische Integrität bleibt konstant und unangefochten. Sowohl die Protagonistin als auch die Antagonistin dieser Geschichte verharren in ihren Motivationen und Tugenden über die 109 Minuten Laufzeit hinweg eindimensional in ihrer Exposition. Das Drehbuch von Erin Cressida Wilson wagt kaum narrative Risiken, sondern orientiert sich zuverlässig am bewährten Disney-Rezept und bleibt in seiner Struktur dem zugrundeliegenden Märchen der Gebrüder Grimm nah. Die Umsetzung bietet wenig überraschende Wendungen, folgt überwiegend den vertrauten Pfaden, sodass Kenner des Originals kaum unerwartete Entwicklungen erleben.


Neu sind jedoch kleinere Anpassungen. Statt eines traditionellen Prinzen etabliert der Film eine sanfte Romanze zwischen Schneewittchen und dem sympathischen Dieb Jonathan. Das gelingt gerade auch durch die charismatische Darstellung von Andrew Burnap und der schönen Chemie mit Zegler, was wesentlich authentischer ist, wenngleich auch diese Liebesgeschichte den durchschaubaren Disney-Strukturen folgt. Getragen wird das epochal aufgebaute Märchen in erster Linie durch Rachel Zeglers empathische und kraftvolle Interpretation von Schneewittchen. Denn gerade in den Musical-Passagen gelingen Zegler jene cineastischen Momente, die das Disney-Kino ausmachen.


Kritik zu „Schneewittchen“: Ein neues Kapitel im Märchenuniversum von Disney
Bildnachweis: © 2024 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Eindrucksvoll choreografierte Musical-Sequenzen, arrangiert mit Broadway-erfahrenen Künstlern, erzeugen dank Zeglers stimmlicher Bandbreite eine schwungvolle Atmosphäre, die den Film streckenweise energetisch trägt und Altbekanntes mit moderner Dynamik verbindet. Gegenpol Gal Gadot als böse Königin überzeugt dagegen weniger. Trotz aufwendigem Kostümdesign, inspiriert von der Glamourwelt der 1930er Jahre, bleibt ihre Präsenz überraschend zurückgenommen. Ihr antagonistischer Auftritt erreicht nie jene bedrohliche Exzentrik, die eine starke Disney-Gegenspielerin auszeichnet. Ihre Gesangseinlage wirkt im Vergleich zu Schneewittchens Nummern recht uninspiriert, womit ein potenziell faszinierender Konflikt verpufft.


Ebenso generisch präsentiert sich die magische Welt der bösen Königin – ihrem Zauberspiegel und den mit ihm einhergehenden Spezialeffekten fehlt jede Originalität. Schwachpunkt sind zudem eindeutig die computergenerierten Figuren. Die sieben Zwerge wirken seltsam unnatürlich, beinahe grotesk karikiert, was den Anspruch auf Realismus konterkariert. Zwar haben sie sympathische Interaktionen mit Schneewittchen, doch ihre Gestaltung unterbricht die Immersion und wirkt teilweise befremdlich. Gleiches gilt für die Waldbewohner. Die stilisierten, übertrieben niedlichen Waldtiere brechen auf selbe Weise mit der visuellen Glaubwürdigkeit des restlichen Films.


Kritik zu „Schneewittchen“: Ein neues Kapitel im Märchenuniversum von Disney
Bildnachweis: © 2024 Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.

Visuell hebt sich „Schneewittchen“ dabei weitgehend positiv von anderen Disney-Realverfilmungen ab. Die Farbpalette ist bewusst intensiv und märchenhaft gestaltet – ein Kontrast zu den gedeckten Farben vergangener Remakes. Kamerafrau Mandy Walker sorgt für ausdrucksstarke, lebendige Bilder. Auch das Kostümdesign von Oscar-Gewinnerin Sandy Powell besticht mit farbenfroher Detailarbeit. Schneewittchens Kleid entwickelt sich mit der Handlung, markiert so erzählerische Wendepunkte und kombiniert geschickt ikonische Elemente mit historischen Anleihen. Von anfänglicher königlicher Eleganz hin zu einer praktischen Einfachheit, die gleichzeitig an die ikonische Zeichentrick-Version erinnert.


Fazit:


Ein technisch versiertes, unterhaltsames Disney-Spektakel, das jedoch inhaltlich letztlich nicht über die Komfortzone hinausgeht. „Schneewittchen“ lebt von Rachel Zeglers charismatischer Darstellung und gelungenen Musical-Momenten, bleibt aber letztlich in bewährten Disney-Mustern gefangen.


>>> STARTTERMIN: Ab dem 20. März 2025 im Kino.


Wie hat Dir der Film gefallen? Teile Deine Meinung gerne in den Kommentaren!

Weitere Informationen zu „Schneewittchen“:

Genre: Fantasy, Musical, Abenteuer

Laufzeit: 109 Minuten

Altersfreigabe: FSK 0


Regie: Marc Web

Drehbuch: Erin Cressida Wilson

Besetzung: Rachel Zegler, Gal Gadot, Andrew Burnap und viele mehr ...


Trailer zu „Schneewittchen“:


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