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Kritik zu „Madame Web“: Ein weiterer Fehlversuch im SSU?

„Madame Web“ ist der neueste Versuch von Sony, das eigene Spider-Man-Universum auszubauen. Trotz des Erfolgs der Haupttrilogie um Peter Parker war das SSU bisher noch nicht so erfolgreich wie erhofft. Wie gut ist nun der neueste Film „Madame Web“?


Kritik zu „Madame Web“: Ein weiterer Fehlversuch im SSU?
Bildnachweis: © Sony

Sony verfolgt seit Jahren das Ziel, mit den Spider-Man-Rechten ein eigenes Superhelden-Universum zu etablieren, das sich als SSU (Sony Spider-Man Universe) innerhalb vom MCU positioniert. 2019 begannen die Drehbuchautoren von „Morbius“ mit der Entwicklung eines Films über die Marvel-Comicfigur Madame Web. 2020 wurden schließlich konkrete Pläne von Sony bekannt, mit S. J. Clarkson als Regisseurin und Dakota Johnson in der Titelrolle. Die Comic-Figur Cassandra Webb, auch bekannt als Madame Web, wurde ursprünglich 1980 von Denny O'Neil und John Romita Jr. erschaffen.


In den Comics verfügt Madame Web über hellseherische und telepathische Fähigkeiten, die sie zu einer mystischen Ratgeberin für Spider-Man und andere Helden macht. Für die Verfilmung wurde ihre Geschichte jedoch abgeändert, indem Cassandra nicht mehr eine ältere, körperlich eingeschränkte Frau ist, sondern eine junge Notfallsanitäterin, die nach einem Unfall ihre übernatürlichen Kräfte erlangt. Doch wie gut ist das Superheldenabenteuer von Madame Web gelungen?


Darum geht es:


Cassandra Webb scheint auf den ersten Blick eine ganz normale Sanitäterin aus Manhattan zu sein, doch ist sie in Wirklichkeit alles andere als normal, denn sie verfügt über eine besondere Gabe: Sie kann in die Zukunft blicken und die komplexen Fäden einer geheimen Spinnenwelt erkennen. Doch als sie in einer Vision von einem Mann namens Ezekiel Sims erfährt, dass er plant, drei junge Frauen zu ermorden, wird sie in ein gefährliches Spiel gezogen.


Kritik zu „Madame Web“: Ein weiterer Fehlversuch im SSU?
Bildnachweis: © 2023 CTMG, Inc.

Ohne die ganze Wahrheit zu kennen, verbündet sich Cassandra mit den Frauen, um das drohende Unheil abzuwenden. Doch Sims ist nicht nur ein einfacher Gegner – er teilt ihre Fähigkeit, die Zukunft zu sehen. Wird Cassandra es schaffen, ihm immer mindestens zwei Schritte voraus zu sein, bevor es zu spät ist?


Die Rezension:


Mit „Madame Web“ erreicht Sony einen neuen Tiefpunkt in seinem Versuch, ein eigenständiges Spider-Man-Universum zu etablieren. Der vierte Film im SSU bleibt in nahezu allen Belangen weit hinter den Erwartungen zurück. Die Grundidee, die Hauptfigur mit einer hellseherischen Fähigkeit auszustatten und die Handlung eher bodenständig anstatt weltumspannend zu gestalten, wäre an sich durchaus vielversprechend. Doch dieser Ansatz wird weder innovativ noch konsequent umgesetzt, und die inszenatorischen wie inhaltlichen Schwächen sind so massiv, dass die Geschichte jegliches Potenzial verliert.


Kritik zu „Madame Web“: Ein weiterer Fehlversuch im SSU?
Bildnachweis: © 2023 CTMG, Inc.

Der größte Kritikpunkt an „Madame Web“ ist das unausgereifte Drehbuch. Die Handlung schreitet mechanisch voran und versucht, durch ständige Erklärungen bei der Stange zu halten, ohne jedoch jemals wirklich Spannung zu erzeugen. Der gesamte Film krankt an Expositionsdialogen, die zwar versuchen, die Handlungsstränge verständlich zu machen, aber die Charaktere kaum in authentische Interaktionen involvieren. Statt organischer Gespräche wirken die Dialoge wie künstliche Expositionsblöcke, die sich aufdringlich und gekünstelt aneinanderreihen und nur darauf ausgelegt scheinen, die Handlung möglichst direkt und ohne Raffinesse zu transportieren, ohne das Interesse zu verfolgen, den Figuren Tiefe und Persönlichkeit zu verleihen. Dies führt dazu, dass die Charaktere wenig greifbar wirken, und es fällt schwer, eine emotionale Bindung zu ihnen aufzubauen.


Dabei verheddert sich das Drehbuch, an dem insgesamt vier Autoren gearbeitet haben, in einer Reihe von inhaltlichen Widersprüchen und logischen Fehlern, die den Film unfreiwillig komisch wirken lassen. Ein weiteres Problem liegt in der Charakterentwicklung und in den Rollenprofilen der Figuren, die viel Potenzial verschenken. Statt der ambivalenten Antiheldin mit interessanten Ecken und Kanten wird hier eine stereotype Heldin präsentiert, die ihren Ursprung in den Comic-Vorlagen völlig aus den Augen verliert. Der Versuch, den Charakter modern und für ein jüngeres Publikum zugänglich zu gestalten, geht vollkommen nach hinten los.


Kritik zu „Madame Web“: Ein weiterer Fehlversuch im SSU?
Bildnachweis: © 2023 CTMG, Inc.

Die Nebenfiguren, insbesondere die drei angehenden Spider-Women, wirken stereotyp und erinnern mehr an eine zusammengecastete Pop-Band als an ernsthafte Charaktere mit einer eigenen Persönlichkeit. Dadurch verpufft auch die vermeintlich feministische Komponente des Films, der einen starken weiblichen Cast hätte bieten können. Dabei ist die Besetzung zweifellos stark, jedoch vollkommen unterfordert. Schauspielerinnen wie Dakota Johnson und Sydney Sweeney bleiben in „Madame Web“ blass und können kaum mehr als Stereotypen bedienen. Dies liegt in erster Linie an den flachen Charakterzeichnungen und den schwachen Dialogen, die den Figuren jegliche Authentizität nehmen. Zudem fällt ins Gewicht, dass die Besetzung deutlich älter ist als ihre Rollen.


Ein besonders auffälliges Beispiel ist die 26-jährige Sydney Sweeney, die trotz Schuluniform schlichtweg keine überzeugende Schülerin abgeben kann. Auch die Inszenierung des Antagonisten lässt sehr zu wünschen übrig. Es scheint, als hätte man beim Erstellen der Figur weder Motivation noch Hintergrundgeschichte für notwendig erachtet. Dadurch entsteht eine fehlende Fallhöhe, die sich auf den gesamten Film auswirkt. Ein überzeugender Antagonist kann entscheidend zur Dramatik eines Filmes beitragen; hier hingegen wirkt der Gegenspieler austauschbar und blass. Statt einer packenden Auseinandersetzung zwischen Heldin und Schurke bekommt man eine oberflächliche und vorhersehbare Konfrontation, die das dramaturgische Potenzial des Films gänzlich ungenutzt lässt.


Kritik zu „Madame Web“: Ein weiterer Fehlversuch im SSU?
Bildnachweis: © 2023 CTMG, Inc.

Technisch enttäuscht „Madame Web“ ebenfalls auf mehreren Ebenen. Actionsequenzen, die dynamisch und packend sein könnten, leiden unter wackeliger Kameraarbeit und unpassenden Zoom-Effekten. Eine Verfolgungsjagd in einem Krankenwagen – ein Moment, der symbolisch für die Schwächen des Films steht – entwickelt weder Spannung noch Nervenkitzel und verpufft als chaotische Bildfolge ohne klare Struktur. Die computergenerierten Effekte, die gerade für ein Superhelden-Universum von zentraler Bedeutung sein sollten, wirken teilweise unfertig und billig. Insbesondere bei den CGI-Sequenzen wird deutlich, dass hier an den falschen Ecken gespart wurde. CGI-Effekte, die das Publikum eigentlich in die fantastische Welt der Superkräfte eintauchen lassen sollten, ziehen den Zuschauer stattdessen eher heraus – schlecht animierte Spinnen und schlampige Bewegungsabläufe mindern die Atmosphäre.


Die Entscheidung, den Film im Jahr 2003 anzusiedeln, scheint zudem völlig willkürlich, da sie in keiner Weise Einfluss auf die Handlung hat und höchstens als Versuch zu deuten ist, ihn zwanghaft in das SSU zu integrieren. In dieser Zeitwahl offenbart sich das grundsätzliche Problem des Films, der immer wieder versucht, irgendwo hinzupassen, ohne je wirklich eigene Akzente zu setzen. Dass bei diesem völlig unsubtilen Machwerk auch die Schleichwerbung so mit dem Schlaghammer reingehämmert wird, dass wirklich jedem auffallen müsste, dass die Marke nicht zufällig sehr zentral ins Bild gerückt wird, setzt dem Ganzen dann noch die Kirsche auf. So ist in „Madame Web“ insbesondere Pepsi ist omnipräsent.


Kritik zu „Madame Web“: Ein weiterer Fehlversuch im SSU?
Bildnachweis: © 2023 CTMG, Inc.

Schon zu Beginn fährt die Protagonistin Cassandra Webb im Taxi durch New York, wobei Pepsi-Werbung und -Automaten wiederholt ins Bild rücken. Statt subtiler Hintergrunddetails wirken sie wie Unterbrechungen, die sich mitten in dramatische Szenen drängen. In einem spannenden Moment dominiert eine riesige Pepsi-Werbetafel das Bild, während Nahaufnahmen von Pepsi-Dosen und das ständige Greifen der Figuren zur Pepsi-Dose samt perfekt platziertem Logo den Eindruck verstärken: Hier geht es primär um Profit, künstlerische Ambitionen bleiben auf der Strecke.


Fazit:


Schwache Dialoge, eine generische Handlung und miese visuelle Effekte: Trotz einer talentierten Besetzung ist „Madame Web“ so uninspiriert, dass der Film nicht einmal mehr als seichte Kost unterhaltsam ist.


>>> STARTTERMIN: Ab dem 14. Februar 2024 im Kino.


Weitere Informationen zu „Madame Web“:

Genre: Action, Abenteuer

Produktionsjahr: 2023

Laufzeit: 117 Minuten

Altersfreigabe: FSK 12


Regie: S.J. Clarkson

Drehbuch: Matt Sazama, Burk Sharpless, Claire Parker und S.J. Clarkson

Besetzung: Dakota Johnson, Sydney Sweeney, Emma Roberts und viele mehr ...


Trailer zu „Madame Web“:



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