Ekrem Engizek will mehr als nur unterhalten – und setzt dabei auf harte Bilder, große Namen und laute Botschaften. Ein Film, der aus der Szene kommt, für Aufsehen sorgt und sich viel vorgenommen hat. Doch wie nah kommt das düstere Knastdrama tatsächlich an die Realität heran?

Deutschrap ist längst mehr als bloße Musik. Die Stars des Genres prägen Jugendkultur, setzen Trends und schaffen mit Millionenreichweiten gesellschaftliche Debatten. Dass Hip-Hop aber auch für ernsthafte gesellschaftliche Anliegen eintreten kann, soll nun Ekrem Engizek mit seinem unabhängig produzierten Kinofilm „Haps – Crime Doesn't Pay“ zeigen. Ohne Förderung, ohne große Studios, dafür mit Unterstützung der einflussreichsten Namen der Deutschrap-Szene wie Haftbefehl, Asche und Azad, hat Engizek ein ambitioniertes Knastdrama auf die Beine gestellt, begleitet von einer groß angelegten Musik- und Social-Media-Kampagne zur Prävention von Jugendkriminalität. Doch kann der Film, der schon vor Kinostart durch virale Musikvideos hohe Wellen schlägt, auch filmisch überzeugen?
Darum geht es:
Wegen Drogenhandels im Knast, seine Freundin schwanger, die Zellennachbarn brandgefährlich. Um rauszukommen und Kohle zu machen, lässt sich Alex auf einen Deal mit dem Gangsterboss ein – ein riskanter Coup nimmt seinen Lauf. Doch als das Spiel eskaliert, bleibt nur eine Frage: Wird Alex zum Jäger oder zum Opfer?
Die Rezension:
In seinem zweiten Kinofilm „Haps – Crime Doesn't Pay“ widmet sich Regisseur Ekrem Engizek dem komplexen Mikrokosmos Gefängnis, einem Ort, der in der Realität nur wenigen Menschen vertraut ist. Ein Schauplatz, der hier sinnbildlich als Spiegel einer rohen, multikulturellen und gesellschaftlich gespaltenen Welt fungiert. Engizek verfolgt dabei die ambitionierte Zielsetzung, nicht nur authentische Einblicke hinter die Gefängnismauern zu bieten, sondern vor allem junge Zuschauende vor einem kriminellen Lebensweg zu warnen, in dem er ein raues, kompromissloses Szenario zeigt, das weit entfernt von wohlbehüteten, bürgerlichen Vorstellungen liegt.

Die Grundidee des Films, dem Publikum anhand des Protagonisten Alex die bitteren Konsequenzen eines Lebens in der Kriminalität vor Augen zu führen, ist dramaturgisch reizvoll. Anfänglich getrieben von klassischen Motiven wie Gier, dem Anerkennungsstreben und Selbstüberschätzung, findet Alex sich bald in einer brutalen Umgebung wieder, die ihn zunehmend verrohen lässt. Constantin von Jascheroff gelingt es dabei durchaus glaubhaft, diese Abwärtsspirale darzustellen und untermauert damit effektiv die Kernaussage des Films, dass Verbrechen sich nicht lohnen. Allerdings stößt genau hier die Inszenierung Engizeks auch an ihre Grenzen: Statt auf subtile erzählerische Methoden zurückzugreifen, setzt er überwiegend auf plakative Dialoge und teils ermüdende Off-Kommentare. Die moralischen Ermahnungen verlieren rasch an Wirkung und wirken pädagogisch überfrachtet.
Zwar ist der Ansatz, ein multikulturelles Gefängnis als Mikrokosmos der Gesellschaft zu zeigen, zweifellos richtig und auch ambitioniert, doch die Umsetzung fällt leider äußerst klischeehaft aus: Russen sind verschlossen und tätowiert, Araber stets laut und religiös solidarisch, während die Wärter entweder als schwach oder neonazistisch brutal dargestellt werden. Diese sehr in Klischees verhaftete Darstellung verfehlt ihr eigentliches Ziel, komplexe gesellschaftliche Realitäten abzubilden und driftet stattdessen in einen stereotypisierten Sensationalismus ab. Gewalt und aggressive Verhaltensweisen werden nicht selten als Mittel zur Etablierung von Macht, Anerkennung und Respekt dargestellt.

Die Inszenierung nutzt diese Verhaltensweisen zwar, um eine bedrohliche und authentische Atmosphäre zu erzeugen, lässt dabei jedoch oft die kritische Reflexion über diese Mechanismen vermissen. So entsteht mitunter der Eindruck, dass gewalttätige Dominanz nicht nur unvermeidbar, sondern sogar erstrebenswert sei – ein Aspekt, der die angebliche Präventionsabsicht erheblich konterkariert. Dabei steht die auch bewusste Heroisierung toxischer Männlichkeitsideale im Widerspruch zum behaupteten Präventionsgedanken.
Gleichzeitig gelingt es dem Film jedoch durchaus, atmosphärisch starke Momente zu erzeugen. Die Inszenierung des Gefängnisses als Ort der Beklemmung und Ausweglosigkeit ist visuell eindrucksvoll umgesetzt. Doch dabei entfernt sich der Film auch deutlich von der realistischen Darstellung des tatsächlichen deutschen Strafvollzugs und erinnert immer wieder an US-amerikanische Genre-Vorbilder. Dreckige Toiletten, Ratten und völlig heruntergekommene Innenräume erscheinen eher als kalkulierter Schockeffekt denn als realistische Abbildung moderner Justizvollzugsanstalten in Deutschland.

Unterstützt wird dieses Stimmungsbild wirkungsvoll von einem Soundtrack, der mit bekannten Größen der deutschen Rap-Szene prominent besetzt ist und die düstere Tonalität des Films konsequent verstärkt. Die Kameraarbeit bedient sich gezielt dynamischer Bilder, die kaum Raum für Distanz oder Reflexion lassen. Besonders in Szenen der Gewalt oder Konflikte scheint sich die Kamera visuell regelrecht zu suhlen, was zwar die dramatische Wucht erhöht, jedoch einmal mehr den eigentlichen Präventionsanspruch, den Ekrem Engizek im Vorfeld der Veröffentlichung nicht müde wurde zu betonen, in Frage stellt.
Fazit:
„Haps – Crime Doesn’t Pay“ will abschrecken, schockieren und aufklären. Das Gefängnis als filmischer Ort bietet reichlich Stoff für gesellschaftliche Reflexion – Engizeks Inszenierung aber verliert sich zu oft im dramatisch aufgeladenen Abbild statt in dessen kritischer Durchdringung.
>>> STARTTERMIN: Ab dem 27. März 2025 im Kino.
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Weitere Informationen zu „Haps – Crime Doesn’t Pay“:
Genre: Krimi, Drama, Thriller
Laufzeit: 128 Minuten
Altersfreigabe: FSK 16
Regie: Ekrem Engizek
Drehbuch: Ekrem Engizek
Besetzung: Constantin von Jascheroff, Kais Setti, Amir Israel „Asche“ Aschenberg und viele mehr ...
Trailer zu „Haps – Crime Doesn’t Pay“:
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