Neun Jahre nach dem bahnbrechenden Kultfilm „Fury Road“ hat der inzwischen 79-jährige George Miller mit Anya Taylor-Joy und Chris Hemsworth in den Hauptrollen den fünften „Mad Max“-Film auf die große Leinwand gebracht. Doch kann „Furiosa: A Mad Max Saga“ den hohen Erwartungen gerecht werden und an seinen Vorgänger anknüpfen, der von vielen als einer der besten Actionfilme aller Zeiten gefeiert wird?
Die „Mad Max“-Reihe ist ein cineastisches Phänomen, das seit den späten 1970er Jahren Generationen weltweit fasziniert. In den Weiten der verbrannten Landschaften, wo das Brüllen der Motoren das einzige Gesetz ist, hat sich die „Mad Max“-Reihe des australischen Filmemachers George Miller einen Namen für brachiale postapokalypse Actionfilme gemacht. Das Erstlingswerk aus dem Jahr 1979, einfach „Mad Max“ betitelt, wurde bald von zwei Fortsetzungen gefolgt: „Mad Max 2: The Road Warrior“ (1981) und „Mad Max Beyond Thunderdome“ (1985).
Doch erst 2015 erreichte die Reihe mit „Fury Road“ einen Höhepunkt, der die Kinos wortwörtlich erzittern ließ. Mit seinen adrenalingeladenen Verfolgungsjagden, beeindruckenden Stunts und atemberaubenden Bildern setzte „Fury Road“ neue Maßstäbe für das Action-Kino, wurde nicht nur von der Kritik gefeiert, sondern gewann auch sechs Oscars und spielte weltweit über 375 Millionen US-Dollar ein. Nun, fast ein Jahrzehnt nach „Fury Road“, kündigt sich ein neues Kapitel an: „Furiosa: A Mad Max Saga“. Der Film verspricht, die Hintergrundgeschichte von Furiosa, einer der faszinierendsten Figuren des Franchise, zu enthüllen und die Fans tiefer in die Welt jenseits der Zivilisation zu entführen.
Darum geht es:
In einer postapokalyptischen Welt, die von brütender Hitze und knappen Ressourcen gezeichnet ist, liegt versteckt das Grüne Land – ein Paradies mitten im Ödland. Hier wächst Furiosa in Sicherheit und Wohlstand auf, fernab der erbarmungslosen Ödnis, die die Erde beherrscht. Doch ihr idyllisches Leben wird jäh zerstört, als sie von der Bikerhorde unter der tyrannischen Herrschaft des Warlords Dementus entführt wird. Entschlossen, ihre Freiheit zurückzugewinnen und Rache an Dementus zu üben, schmiedet Furiosa einen kühnen Fluchtplan und eine Odysse nimmt ihren Lauf.
Die Rezension:
George Miller hat es wieder getan: „Furiosa – A Mad Max Saga“ entfesselt eine wahre Wucht an Action. Bereits die Eröffnungsszene, eine atemlose Verfolgungsjagd durch die staubige Einöde, setzt direkt ein kraftvolles Statement. Das Dröhnen der Motoren, das donnernde Sounddesign und die mitreißenden Bilder ziehen unmittelbar in die apokalyptische Welt von „Mad Max“. Mit „Furiosa: A Mad Max Saga“ kehrt George Miller zu den Wurzeln seiner sandigen Welt zurück und entfesselt erneut eine visuelle Orgie, die ihresgleichen sucht. Der Film ist ein Fest für die Augen und auch wenn sich manche über den überwältigenden Action-Overkill beklagen mögen, ist doch unbestreitbar, dass die Choreografie dieses Spektakels faszinierend und in dieser Art und Weise unerreicht ist.
Die turbulenten Sequenzen erreichen beinahe die Intensität von „Fury Road“ und zeigen Millers unvergleichliches Talent, kinetische Energie und beeindruckende Stunts in Szene zu setzen. Insbesondere bei den Fahrzeug-Stunts setzt George Miller jedoch verstärkt auf computergenerierte Effekte, was gelegentlich den visuellen Reiz etwas mindert. Dabei kann man auch bei genauem Hinsehen die Unterschiede ausmachen, ob eine Szene im Studio entstanden ist oder tatsächlich in der sandigen Wildnis Australiens mit handgefertigten Effekten und echten Stuntmen gedreht wurde. Trotz dieser Nuancen gelingt es Miller einmal mehr, eine faszinierend eigenständige „Mad Max“-Bildästhetik zu schaffen.
Die perfekt choreografierten Kämpfe und Verfolgungsjagden sind ein bis ins kleinste Detail durchdachtes Zusammenspiel von Schnitt, Kameraführung und Stunt-Arbeit. „Furiosa: A Mad Max Saga“ ist eine ununterbrochene Fahrt im Adrenalinrausch – laut und schnell. Auch die Kostüm- und Requisitenabteilung hat sich hier ausgiebig ausgetobt, was die Vielfalt der Masken, Bekleidungen und natürlich Fahrzeugen eindrucksvoll unterstreicht. Die Kameraarbeit von Simon Duggan bewegt sich elegant und fließend zwischen atemberaubenden Landschaften und intensiven Nahansichten während der Action.
George Miller mit Anya Taylor-Joy am Set von „Furiosa: A Mad Max Saga“:
Dies kommt besonders in den nuancierten Interaktionen der Figuren zum Ausdruck, wenn die Kamera sich nah an ihren Gesichtern positioniert, um ihre Mimik einzufangen - ein wichtiger Aspekt, da die Charaktere oft durch ihre Handlungen mehr kommunizieren als durch Worte, die ohnehin vom dröhnenden Soundtrack übertönt würden. So ist die Bildsprache des Films ebenso facettenreich wie kontrastreich. Von strahlenden gold-orangen Wüstenaufnahmen bis hin zu tiefblauen Nachtbildern präsentiert sich der Film visuell an einigen Stellen äußerst künstlerisch.
Es mag Stimmen geben, die behaupten, dass „Furiosa: A Mad Max Saga“ im Vergleich zu „Fury Road“ abfällt. Doch dieser Vergleich greift zu kurz, denn obwohl beide Filme ästhetisch ähnlich erscheinen mögen, sind sie doch in ihrem Kern verschieden. Während „Fury Road“ zweifellos auf spektakuläre Action setzt, konzentriert sich „Furiosa: A Mad Max Saga“ stärker auf die Charakterentwicklung und die Erzählung und dient als einfühlsames Prequel, das die Vorgeschichte Furiosas in der Welt von „Mad Max“ einfängt, ohne dabei den Glanz seines Vorgängers zu übertrumpfen.
Inmitten des brüllenden Chaos' entfaltet sich Furiosa als eine leiderprobtee Figur, die nicht nur physisch, sondern auch mental wortwörtlich gestählt wird. Das Prequel führt uns zurück zu den Ursprüngen der drahtigen Kämpferin und veranschaulicht eindrucksvoll ihren Weg zur Heldin. So beschreibt „Furiosa: A Mad Max Saga“ eine klassische Heldenreise, die in einer epochalen Rache-Mission mündet, inhaltlich dabei jedoch etwas in Genre-Schablonen verhaftet. George Miller offenbart gemeinsam mit Drehbuchautor Nick Lathouris eine Geschichte, die auf den ersten Blick roh und fragmentiert erscheinen mag. Doch diese in fünf Kapiteln beschriebene Handlung ist eine bewusst gewählte Erzählebene, die es ermöglicht, wesentliche Stationen von Furiosas Odyssee zu schildern.
Die Erzählung erfasst eindringlich die essenziellen Phasen des zivilisatorischen Zerfalls und des Überlebenskampfes in einer lebensfeindlichen Wüste. Wie sein Vorgänger setzt auch „Furiosa: A Mad Max Saga“ auf minimalistische Dialoge und nutzt die visuelle Wucht des Kinos, um die Geschichte voranzutreiben. Diese filmische Ästhetik, die an die expressive Kraft eines Stummfilms erinnert, fesselt durch ihre dichte Atmosphäre. Obwohl einige Handlungselemente, wie die typischen Überfälle während der Öl-Transporte, etwas repetitiv wirken mögen und visuell nicht mehr die gleiche Wirkung wie in „Fury Road“ erzielen, sind sie dennoch eindrucksvoll inszeniert und faszinieren auf der großen Leinwand.
Anya Taylor-Joy beispielsweise agiert mit lediglich etwa 40 Sätzen über die gesamten etwa 148 Minuten des Films hauptsächlich durch ihre Mimik, insbesondere mit ihren eindringlichen Blicken. Zunächst noch ganz anders als Charlize Theron gelingt es Anya Taylor-Joy bemerkenswert glaubhaft, aus der jungen Furiosa den Charakter zu entwickeln, den wir als die knallharte Kriegerin aus „Fury Road“ kennen. Mit physischer Präsenz und empathischem Spiel trägt sie den Film, selbst wenn sie eher wenig spricht und erst nach einer halben Stunde in Erscheinung tritt.
Chris Hemsworth wiederum verkörpert den exzentrischen Bandenchef Dementus mit einer launigen Teatralik in absurdem Erscheinungsbild mit verkrümmter Nase und wildem Bart. Es ist allzu offensichtlich, dass die Macher versucht haben, den gutaussehenden Mann weniger attraktiv erscheinen zu lassen, um zudem eine gewisse Distanz zu seiner Rolle als Marvel-Superheld Thor herzustellen. Ob man diese Darstellung jedoch als lächerlich und misslungen empfindet oder sie ebenso ironisch sieht wie den kleinen Teddybären, der an seinem Outfit baumelt, ist stark von persönlichem Geschmack abhängig.
Doch durch Hemsworths Darstellung entwickelt sich Dementus im Verlauf des Films zu einer überraschend tragischen Figur, die zwischen den Stühlen steht und sowohl als überzeichnete Antagonistenfigur im Stil von „Mad Max“ als auch als gebrochener Charakter im Finale überzeugt. Obwohl Dementus keine hochkomplexe Figur ist, verleiht ihr Hemsworth doch überraschend viel Substanz. Das episch inszenierte Finale zwischen Furiosa und Dementus ist dabei weniger actiongeladen, sondern konzentriert sich vor allem auf die Charaktere und kulminiert in einer ausführlichen Dialogszene, in der sowohl Chris Hemsworth als auch Anya Taylor-Joy ein tolles Zusammenspiel gelingt.
Dennoch verzettelt sich George Miller insgesamt etwas, ist zwar stellenweise kreativer als in „Fury Road“, setzt dann aber wiederum zu stark auf etablierte Erfolgsformeln und und verpasst stellenweise das richtige Timing, um eine Episode abzurunden, Kurzweiligkeit beizubehalten und Längen zu vermeiden. Der Soundtrack, obwohl anfänglich mitreißend und monumental, verliert im Verlauf des Films etwas an musikalischer Vielfalt und wird zunehmend zu einem monotonen Getöse, das die Nuancen verschluckt.
Obwohl „Furiosa: A Mad Max Saga“ als eigenständiges Werk funktioniert und auch ohne Vorkenntnisse über das Franchise genossen werden kann, fehlt es doch an einer nachhaltig wirkenden Conclusion (Auflösung) der Geschichte. Es fehlt an jenem narrativen Schliff, der die Geschichte zu einem wirklich eigenständigen Werk macht, während eingefleischte Fans des Franchise immer wieder neue Details entdecken können und die Entwicklung von Furiosa als Figur hautnah miterleben können.
Zusammen mit seinem Vorgänger ergibt sich ein kohärentes Gesamtbild, doch ohne die nachfolgende Geschichte bleiben es fünf Kapitel, die zwar visuell beeindrucken, jedoch mehr Eigenständigkeit hätten vertragen können. So wie ein tosender Wüstensturm zwar beeindruckend anzusehen ist, jedoch ohne eine klare Richtung letztlich im Sande verläuft, verharrt auch „Furiosa: A Mad Max Saga“ etwas inmitten seiner spektakulären Action und visuellen Effekte und kann daher auch – sollte vielleicht sogar – als ausgedehnter Prolog für „Mad Max: Fury Road“ verstanden werden.
Fazit:
Mit „Furiosa: A Mad Max Saga“ kommt ein ebenso kraftvolles Actiondrama wie sein Vorgänger „Mad Max: Fury Road“ auf die große Kinoleinwand, das sich in seiner Intensität kaum davon unterscheidet und von Anya Taylor-Joy und Chris Hemsworth charismatisch getragen wird. Einige Minuten weniger und etwas mehr Eigenständigkeit hätten zwar nicht geschadet, dennoch bewahrt das gelungene Prequel den unverwechselbaren „Mad Max“-Charme.
7 von 10 Punkten
>>> STARTTERMIN: Ab dem 23. Mai 2024 im Kino.
Weitere Informationen zu „Furiosa: A Mad Max Saga“:
Genre: Action, Science-Fiction, Drama
Produktionsjahr: 2022
Laufzeit: 148 Minuten
Altersfreigabe: FSK 16
Regie: George Miller
Drehbuch: George Miller, Nick Lathouris
Besetzung: Anya Taylor-Joy, Chris Hemsworth, Tom Burke und viele mehr ...
Trailer zu „Furiosa: A Mad Max Saga“:
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