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Kritik zu „Blue Beetle“: Was kann der erste lateinamerikanische DC-Superheld?

Mit „Blue Beetle“ ist der erste lateinamerikanische DC-Superheldenfilm im Kino gestartet. Doch in Zeiten sinkender Erfolge von Superheldenfilmen und minimaler Promotion seitens Warner Bros. wirkt „Blue Beetle“ fast wie ein vergessenes Kapitel, dass schnell geschlossen werden soll, bevor das DC-Franchise unter James Gunn neu startet. Doch lohnt sich der Kinobesuch dennoch?


Bildnachweis: © 2023 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. TM & © DC

Die Zeit, in der Superheldenfilme von Marvel und DC mühelos die Kinokassen füllten, scheint passé zu sein. Jüngste Enttäuschungen wie „The Flash“, „Shazam! Fury Of The Gods“ und Marvels „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ haben gezeigt, dass das Genre nicht mehr automatisch Erfolg garantiert. Während immer wieder von Superheldenmüdigkeit die Rede ist, hat Warner Bros. reagiert und das DC-Franchise unter der Leitung von James Gunn und Peter Safran grundlegend neu ausgerichtet.

Dieser Neustart umfasst zehn neue Projekte, darunter fünf Serien und fünf Filme, die auf die kommende Ära im DC-Filmuniversum vorbereiten. Doch bevor diese neue Ära beginnt, sind noch die letzten Filme des alten DC-Franchise an der Reihe. Einer davon ist „Blue Beetle“. Bereits vor dem Start des DC-Blockbusters scheinen die Verantwortlichen wenig Optimismus zu hegen, was die Profitabilität des Films betrifft. Die Werbung für den ersten lateinamerikanischen DC-Film ist auffällig spärlich. Kann "Blue Beetle" trotz dieser Umstände aus der Masse der generischen Superheldenfilme der letzten Jahre herausstechen und ist er einen Kinobesuch wert?

Darum geht es:


Der junge Jaime ist es leid, sich und seine Familie mit mühsamen Gelegenheitsarbeiten über Wasser zu halten. Er sehnt sich danach, seiner Familie eine bessere Lebensqualität zu bieten, doch diese Aussicht scheint nahezu unerreichbar. Doch plötzlich bietet sich ihm eine glänzende Gelegenheit: ein Vorstellungsgespräch bei Kord Industries, vermittelt von seiner Bekannten Jenny Kord.


Doch statt eines Jobs erwartet ihn eine schicksalhafte Überraschung. In einem Burger-Karton entdeckt Jaime einen mysteriösen blauen Skarabäus, der nicht nur an seine Wirbelsäule andockt, sondern auch mit ihm zu kommunizieren scheint. Plötzlich wird er von einer Hightech-Rüstung umhüllt und schwebt in den Weltraum.


Bildnachweis: © 2023 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. TM & © DC


Anfangs überwältigt von seinen neuen Fähigkeiten als Blue Beetle, merkt Jaime schnell, dass er nicht der Einzige ist, der hinter dem geheimnisvollen Skarabäus her ist. Die Konzernchefin Victoria Kord und der ebenso in eine mächtige Rüstung gekleidete Conrad Carapax sind ebenfalls heiß auf die Technologie. Eine atemraubende Jagd beginnt, bei der Jaimes Familie und Freunde unerwartet in das gefährliche Geschehen hineingezogen werden. In einer Welt voller Intrigen, Machtkämpfe und unerklärlicher Kräfte muss Jaime lernen, sein Schicksal als Blue Beetle anzunehmen und sich gegen die düsteren Gegner zu behaupten, die nach dem blauen Skarabäus gieren.

Die Rezension:


Zeigte sich das DC-Franchise zuletzt in größtenteils düsteren und tristen Farben, fällt bei „Blue Beetle“ direkt auf, dass Ángel Manuel Soto eine helle, sonnig-blasse Farbpalette wählte und auch die Welt um Jaime Reyes sehr fröhlich eingeführt wird. Schnell zeigt sich, dass sich in „Blue Beetle“ vielfältig bemüht wurde, um einen Superheldenfilm mit eigener Identität zu schaffen. Dass der Streifen zudem den ersten lateinamerikanischen DC-Superhelden präsentiert, wird ebenfalls groß aufgezogen. Ángel Manuel Soto bediente sich hierfür zwar einiger Klischees, schafft es jedoch dennoch, eine authentische und sympathische Familie einzuführen, für die Jaime alles geben würde. Zusammenhalt steht über allem und so wird der Film – auch wenn Jaime Reyes die klare Hauptfigur ist – von vielen Schultern getragen.


Bildnachweis: © 2023 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. TM & © DC

Eine etwas andere Ausgangslage, dennoch verfängt sich der Film immer wieder in den ausgetretenen Pfaden, die das Genre so austauschbar wirken lassen. Gerade auch, da die besten Momente zwischen dem eigentlichen Hauptgeschehen liegen. Die eigentliche Prämisse selbst ist leider genauso wenig originell wie die Bedrohung, die sich Jaime entgegenstellt. Victoria Kord fungiert in dieser Handlung als stereotype Bösewichtin, ohne tiefergehende Motive. Ihre Handlungen werden lediglich von pathetischen Reden über ein vermeintliches höheres Ziel begleitet, ohne eine weitere Erklärung ihrer Beweggründe.


Eine mögliche Interpretation könnte sie als Verkörperung des US-Imperialismus sehen, der hier deutlich kritisiert wird. Obwohl Diskriminierung und Ausbeutung, insbesondere aus lateinamerikanischer Perspektive, eine scharfe Kritik hergäbe, verschwimmen diese kritischen Aspekte im Weichzeichner des US-amerikanischen Blockbusterkinos zu einem sehr oberflächlichen Kritikpünktchen.


Die Antagonistin - Victoria Kord:

Bildnachweis: © 2023 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. TM & © DC

Gerade im ersten Abschnitt des Films liegen die größten Probleme des Films, da Ángel Manuel Soto einfach zu viel wollte, was er in der kurzweiligen Einleitung nicht eingeführt bekommen hat. Weder die Motive der Antagonistin, noch Hauptfigur Jaime Reyes und seine Familie sowie die Lebenswirklichkeit der lateinamerikanischen Gemeinschaft in den USA wurden ausreichend etabliert, um darauf die Geschichte von „Blue Beetle“ aufzubauen. Dadurch hat der Film einen sehr holprigen Start.

Im ausgedehnten Mittelteil des Films finden wir jedoch die besten Momente. Ein bewegendes Vater-Sohn-Gespräch zwischen Jaime und seinem Vater Alberto erreicht zwar mit einer rührseligen Inszenierung, dennoch aber äußerst wirkungsvoll, einen emotionalen Höhepunkt. Leider mündet das Finale des Films in typischer DC-Manier in ein enttäuschendes CGI-Chaos, was für einen Blockbuster dieses Budgets bedenklich schlecht aussieht. Auch die Handlung im Finale verläuft vorhersehbar, einschließlich einer wenig überzeugenden Liebesgeschichte zwischen Jaime und Jenny Kord, die weder nachvollziehbar aufgezogen noch romantisch ist.


Herzstück von „Blue Beetle“ - die Familiendynamik:

Bildnachweis: © 2023 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. TM & © DC


Ein spaßiger Moment ist noch, wenn Jaimes Großmutter mit einer Minigun zur Hilfe eilt, doch diese Szene zeigt auch das ungenutzte Potenzial des Films auf. Es hätte so viel mehr geboten werden können, wenn der Fokus stärker auf die lateinamerikanische Kultur und die einzigartige Dynamik der Familie mit ihren verschiedenen Generationen gelegt worden wäre, anstatt einfach eine lateinamerikanische Version von „Iron Man“ mit zahlreichen weiteren DC-Versatzstücken zu produzieren.


„Blue Beetle“ entfaltet sein volles Potenzial vor allem im starken Mittelteil, wenn der Film von der generischen Superheldenformel abweicht. Ansonsten bleibt der Film bedauerlicherweise genau das, was die Diskussionen über Superheldenmüdigkeit hervorgebracht haben: eine verpasste Chance, die eine große Möglichkeit geboten hätte.


Er stiehlt allen die Show - George Lopez (links):

Bildnachweis: © 2023 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved. TM & © DC

Der erste Latino-Superheld in einem DC-Film markiert zweifelsohne einen Meilenstein und Xolo Maridueña erweist sich auch als die ideale Besetzung für diese Rolle und Identifikationsfigur. Sein unverwechselbarer Charme zieht in den Bann. Doch bedauerlicherweise wird diese historische Gelegenheit, der lateinamerikanischen Bevölkerung einen eigenen Superhelden zu geben, durch einen Film vergeudet, der sich in die Masse austauschbarer Werke einreiht. Die übrigen Darsteller erfüllen ihre Rollen solide. Besonders hervorzuheben ist George Lopez, der in der Rolle des urkomischen Onkels Rudy, immer wieder den anderen die Szene stiehlt. Damián Alcázar, Adriana Barraza, Belissa Escobedo und Elpidia Carrillo komplettieren die gelungene Familiendynamik, die das Herzstück von „Blue Beetle“ bildet.


Fazit:


„Blue Beetle“ bietet eine frische und sonnige Perspektive im DC-Franchise und präsentiert den ersten lateinamerikanischen Superhelden. Trotz einiger guter Momente und einer starken Familiendynamik bleibt der Film jedoch oft in den ausgetretenen Pfaden des Superheldengenres stecken und verpasst die Chance, soziale und kulturelle Themen wirklich anzusprechen und verliert sich stattdessen im üblichen CGI-Chaos. Xolo Maridueña überzeugt als charismatischer Hauptdarsteller, doch George Lopez stiehlt allen als urkomischer Onkel die Show.


5 von 10 Punkten


„Blue Beetle“ ist seit dem 17. Augsut 2023 in den Kinos.




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