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Kritik zu „Alles steht Kopf 2“: Pubertät als Kopfkino

Was passiert, wenn sich die Gefühlswelt plötzlich verändert und alte Muster ins Wanken geraten? „Alles steht Kopf 2“ führt uns erneut in das chaotische Innenleben von Riley und stellt die Frage, wie man mit neuen Emotionen umgeht, die sich nicht immer kontrollieren lassen.


Kritik zu „Alles steht Kopf 2“: Pubertät als Kopfkino
Bildnachweis: © 2023 Disney/Pixar. All Rights Reserved.

Neun Jahre sind im schnelllebigen Filmgeschäft eine kleine Ewigkeit – doch genau so viel Zeit ist vergangen, seit Pixar mit „Alles steht Kopf“ 2015 einen Volltreffer landete. Das ebenso humorvolle wie tiefgründige Abenteuer im Kopf der damals elfjährigen Riley ließ Kinder wie Erwachsene in eine originelle Gefühlswelt eintauchen und begeisterte Publikum wie Kritiker rund um den Globus. Mit gut 857 Millionen Dollar Einspielergebnis und einem Oscar in der Tasche festigte das Studio damit einmal mehr seinen Ruf als Ideenschmiede, die Herz und Hirn gleichermaßen anspricht. Nun ist die Fortsetzung „Alles steht Kopf 2“ da.


Darum geht es:


Gerade als Teenager-Riley denkt, sie habe die Höhen und Tiefen des Erwachsenwerdens im Griff, wird in ihrem Kopf das Hauptquartier abgerissen. Platz für etwas völlig Unerwartetes – neue Emotionen. Freude, Kummer, Wut, Angst und Ekel, die Rileys Leben bislang im Gleichgewicht gehalten haben, sind ratlos, als Zweifel plötzlich auftaucht. Doch Zweifel bleibt nicht allein. Während die alten Emotionen versuchen, mit der neuen Realität klarzukommen, droht ein noch größeres Gefühlschaos.


Die Rezension:


Mit „Alles steht Kopf 2“ kehrt Pixar zwar in die bekannte Welt von Riley zurück, doch anstatt sich auf eine bloße Wiederholung der bewährten Formel zu verlassen, wagt der Film inhaltlich den nächsten logischen Schritt: Die Pubertät, einem Thema, das in seiner Komplexität und Emotionalität ebenso viel Potenzial birgt wie Rileys erste Schritte in eine neue Stadt. Diese Phase des Lebens, die von Unsicherheit, Selbstfindung und innerem Chaos geprägt ist, bietet eine ideale Bühne, um das Konzept der visualisierten Emotionen weiter zu vertiefen. Dabei bleibt die erzählerische Struktur ähnlich wie im Vorgänger, doch die Nuancen und Herausforderungen, mit denen Riley konfrontiert wird, verleihen dem Film eine eigene, durchdachte Dynamik.


Kritik zu „Alles steht Kopf 2“: Pubertät als Kopfkino
Bildnachweis: © 2023 Disney/Pixar. All Rights Reserved.

Ein zentraler Aspekt, der den Film von seinem Vorgänger unterscheidet, ist die Erweiterung der emotionalen Besetzung. Die fünf Grundemotionen Freude, Kummer, Wut, Angst und Ekel haben mit Zweifel, Neid, Langeweile (Ennui) und Peinlich tatkräftige Verstärkung erhalten. Insbesondere Zweifel rückt ins Zentrum der Handlung und fungiert als Gegenspielerin zu Freude, deren Optimismus allmählich an Einfluss verliert. Diese neue emotionale Vielfalt spiegelt die komplexe Realität wider, in der Teenager sich häufig wiederfinden: Ein ständiges Tauziehen zwischen Selbstbewusstsein und Unsicherheit, zwischen sozialem Anpassungsdruck und Individualität.


Die Entscheidung, Riley als zentrale Figur stärker in den Vordergrund zu rücken, ist dramaturgisch klug und verleiht dem Film eine greifbare Tiefe. Im ersten Teil fungierte sie primär als Projektionsfläche für die Interaktionen ihrer Emotionen. Nun jedoch wird ihr eigenes Erleben und Handeln unmittelbar greifbar. Ihre Erfahrungen, vom Wunsch nach Zugehörigkeit bis hin zur Angst, bestehende Freundschaften zu verlieren, sind authentisch und erzählt in einer Weise, die für Jugendliche ebenso nachvollziehbar ist wie für Erwachsene, die sich an ihre eigene Jugend zurückerinnern. Ein besonderes Augenmerk verdient die visuelle Gestaltung des Films, die erneut auf höchstem Niveau operiert.


Kritik zu „Alles steht Kopf 2“: Pubertät als Kopfkino
Bildnachweis: © 2023 Disney/Pixar. All Rights Reserved.

Die Animationen sind detailreich und liebevoll ausgearbeitet, wobei die verschiedenen Emotionen nicht nur durch ihre Farbgebung, sondern auch durch ihre Bewegungen und Mimik charakterisiert werden. Zweifel erscheint beispielsweise in nervösen, hektischen Bewegungen, während Ennui durch ihre lethargische Haltung und minimalistische Gestik auffällt. Dieses visuelle Erzählen verleiht den Figuren eine zusätzliche Dimension und trägt wesentlich zur humorvollen Atmosphäre des Films bei. Narrativ setzt „Alles steht Kopf 2“ auf eine Mischung aus alltäglichen Herausforderungen und metaphorischen Abenteuern im Inneren von Rileys Kopf.


Während der äußeren Handlungsschauplatz oft unspektakulär wirkt – etwa Trainingseinheiten im Eishockeyteam oder alltägliche Schulinteraktionen – tobt im Inneren ein ständiger Kampf um die Kontrolle. Diese Dualität zwischen Innen- und Außenwelt verleiht dem Film eine universelle Anziehungskraft, da sie die Unsicherheiten und Konflikte der Pubertät auf humorvolle und kreative Weise veranschaulicht. Gleichzeitig gelingt es dem Drehbuch-Team, auf allzu dramatische oder unrealistische Wendungen zu verzichten, was der Geschichte einen geerdeten, authentischen Charakter verleiht. Zudem besticht der Film durch seine warmherzige Botschaft und den charmanten Umgang mit vermeintlich schwierigen Emotionen.


Kritik zu „Alles steht Kopf 2“: Pubertät als Kopfkino
Bildnachweis: © 2023 Disney/Pixar. All Rights Reserved.

Anstatt diese als hinderlich oder negativ darzustellen, verdeutlicht „Alles steht Kopf 2“, dass auch Zweifel, Neid und Peinlichkeit wichtige Bestandteile der persönlichen Entwicklung sind. Die Reise durch Rileys Kopf wird erneut zu einer emotionalen Achterbahnfahrt, die bei aller Leichtigkeit stets eine tiefere Ebene mit sich bringt. Die humorvollen Einfälle, von denen viele auf Wortspielen und kreativen Darstellungen der Gehirnmechanismen basieren, sorgen für zahlreiche Lacher, ohne die ernsten Untertöne zu vernachlässigen. Diese Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit ist es, die „Alles steht Kopf 2“ zu einer gelungenen Fortsetzung macht.


Fazit:


„Alles steht Kopf 2“ ist eine einfallsreiche, spaßige und wortwörtlich emotionale Fortsetzung, die die Herausforderungen der Pubertät mit Humor und Tiefe einfängt und dabei für Groß und Klein funktioniert – die Botschaft ist dabei auch so universell wie wichtig: Der Film zeigt, dass alle Gefühle – ob Freude, Wut, Traurigkeit oder aber auch Zweifel – untrennbar zu uns gehören und uns zu dem Menschen machen, der wir sind. Als Erinnerung daran, dass niemand perfekt sein muss, sondern dass wir unser Leben in all seinen Facetten genießen und uns gegenseitig so akzeptieren sollten, wie wir sind. Großes Kino!


>>> STARTTERMIN: Ab dem 12. Juni 2024 im Kino.


Weitere Informationen zu „Alles steht Kopf 2“:

Genre: Animation, Abenteuer, Komödie

Produktionsjahr: 2023

Laufzeit: 96 Minuten

Altersfreigabe: FSK 0


Regie: Kelsey Mann

Drehbuch: Meg LeFauve, Dave Holstein, Kelsey Mann und Meg LeFauve


Trailer zu „Alles steht Kopf 2“:


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