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Kritik zu „Abigail“: Von Heist zu Horror

Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett sind nach ihren Erfolgen im „Scream“-Franchise zurück auf der großen Leinwand, diesmal mit dem Vampir-Horror „Abigail“. Der neue Film mixt klassische Heist-Elemente mit übernatürlichem Horror und bietet eine neue Interpretation des Vampir-Mythos. Doch wie gut gelingt dieser Genre-Mix?


Kritik zu „Abigail“: Von Heist zu Horror
Bildnachweis: © Universal Pictures

Seit ihrem Durchbruch in der Independent-Filmszene mit der Found-Footage-Anthologie „V/H/S – Eine mörderische Sammlung“ im Jahr 2012 hat sich das Regie-Duo Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett, mit Filmen wie „Ready or Not“, „Scream“ und „Scream VI“, einen Namen in der Filmwelt mit schwarzhumorigen Horrorfilmen gemacht. Mit „Abigail“ setzen die Regisseure nun ihre erfolgreiche Zusammenarbeit fort und haben auch Melissa Barerra mitgenommen, die in den letzten beiden „Scream“-Filmen die Hauptrolle Sam Carpenter verkörperte.


Darum geht es:


Im Streben nach schnellem Geld sehen Joey, Frank, Dean, Sammy und Rickles ihre große Chance: Sie sollen die zwölfjährige Abigail entführen und in ein abgelegenes Herrenhaus bringen, um dort eine Nacht lang auf sie aufzupassen. In der Hoffnung auf eine Lösegeldsumme von 50 Millionen US-Dollar glauben sie, ein wehrloses Kind in ihren Fängen zu haben. Doch die Nacht, die sie für ihre einfache Beute eingeplant hatten, verwandelt sich schnell in einen Albtraum. Dunkle Geheimnisse und übernatürliche Kräfte offenbaren sich, während der Terror im Herrenhaus ausbricht. Bald müssen die Gangster erkennen, dass sie die wahren Gejagten sind – und dass ihre Gier sie in die Falle eines blutrünstigen Vampirs geführt hat.


Die Rezension:


Die neueste Regiearbeit von Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett mischt einmal mehr Elemente aus Horror, Komödie und Splatter. Das Duo, das bereits durch die letzten beiden „Scream“-Filme und „Ready or Not“ seine Vorliebe für blutig-humorvolles Kino bewiesen hat, knüpft in „Abigail“ an diese Erzählweise an. Doch trotz vielversprechender Ansätze bleibt der Film hinter seinen Möglichkeiten zurück. Die ersten Minuten entfalten sich wie ein klassischer Heist-Film, der seine Zuschauenden durch witzige Dialoge und charismatische Figuren schnell an die Handlung bindet. Das Ensemble rund um Melissa Barrera, Dan Stevens und Kevin Durand überzeugt mit natürlicher Chemie und sorgt dafür, dass die Figuren nicht bloß Archetypen bleiben.


Kritik zu „Abigail“: Von Heist zu Horror
Bildnachweis: © 2024 Universal Studios

Doch sobald die titelgebende Abigail, gespielt von Alisha Weir, ihre wahre vampirische Natur offenbart, schlägt der Film eine blutrünstige Richtung ein. Die Darstellung von Vampiren als übernatürlich bedrohliche Wesen hat eine lange Tradition in der Filmgeschichte, von Nosferatu bis hin zu modernen Interpretationen in Serien wie „True Blood“. In „Abigail“ wird der Mythos des Vampirs als blutrünstige Kreatur voll ausgereizt. Hier stehen weniger die psychologische Dimension oder die moralischen Dilemmata im Vordergrund, sondern die ungebremste Gewalt. Der Einsatz von Gewalt und Splatter im Film mag für manche Zuschauende als übertrieben oder gar grotesk empfunden werden, doch die Faszination für Splatter-Filme liegt in der Übertreibung und dem Tabubruch.


Körperteile fliegen und Blut strömt literweise – das ist nichts Neues, aber „Abigail“ nutzt diese Exzesse, um den Horror in eine Art makabren Tanz zu verwandeln. Die Vampir-Transformation und ihre Konsequenzen werden weniger als Fluch, sondern mehr als brutales Spektakel inszeniert, was dem Film eine bewusst ironische Note verleiht. Während die blutigen Exzesse für Fans des Genres ein visuelles Fest darstellen, verlieren die Figuren zunehmend an Tiefe. Trotz der vielversprechenden Dynamik zu Beginn bleibt wenig Raum für echte Charakterentwicklung. Stattdessen werden die Entführer zu Opfern degradiert, deren Schicksal sich allzu offensichtlich abzeichnet.


Kritik zu „Abigail“: Von Heist zu Horror
Bildnachweis: © 2024 Universal Studios

Besonders gegen Ende des Films fehlt es an Überraschungen, und das Finale versucht vergeblich, die Erwartungen des Publikums mit unerwarteten Wendungen zu durchbrechen, was jedoch mehr bemüht als geschickt wirkt. Die größte Enttäuschung des Films bleibt jedoch das Marketing, das den entscheidenden Kniff der Story vorwegnimmt. Denn je weniger man im Vorfeld über den Inhalt weiß, desto größer ist der Spaß, den der Film tatsächlich bieten könnte. Der Trailer verrät leider zu viel über die zentrale Idee, was dazu führt, dass der Film eine Weile braucht, um in Fahrt zu kommen.


Im Zentrum steht Melissa Barrera als hartnäckiges „Final Girl“. Barrera bringt die richtige Mischung aus Verletzlichkeit und Stärke in die Figur der Joey ein, doch das Herzstück des Films ist Alisha Weir in der Rolle der titelgebenden Abigail. Sie wechselt mühelos zwischen der scheinbar unschuldigen Ballerina und der blutrünstigen Vampirin, wobei ihr Spiel eine beunruhigende Mischung aus Verletzlichkeit und Grausamkeit zeigt.


Kritik zu „Abigail“: Von Heist zu Horror
Bildnachweis: © 2024 Universal Studios

Technisch ist „Abigail“ ein gut umgesetzter Horrorfilm, auch wenn er ästhetisch kaum neue Wege geht. Die Kameraarbeit fängt die blutigen Exzesse gekonnt ein und trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei. Auch das Sounddesign trägt zur intensiven Stimmung bei. Besonders die musikalische Untermalung – inklusive einer unvergesslichen Szene mit Tchaikovskys „Schwanensee“ verstärkt die morbide Faszination, die der Film ausstrahlt. Das alte Herrenhaus, das als Hauptkulisse dient, verstärkt die bedrohliche Atmosphäre des Films erheblich. Mit seinen dunklen, verwinkelten Gängen und der gotischen Architektur sorgt es für eine klaustrophobische Spannung, die jeden Schritt der Charaktere begleitet. Die prächtige, aber heruntergekommene Fassade des Anwesens erzählt subtil eine eigene Geschichte.


Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett nutzen geschickt jedes Knarren und Flüstern des Hauses, um die unheimliche Stimmung aufrechtzuerhalten und die Bedrohung immer präsent zu halten. Die Liebe zum Detail in der Ausstattung des Hauses ist beeindruckend. Von verstaubten Statuen bis hin zu düsteren Gemälden an den Wänden – jede Ecke scheint eine düstere Vergangenheit zu verbergen. Besonders gelungen ist, wie die Kulisse nicht nur als Hintergrund, sondern als aktives Element der Handlung fungiert. Das Glenmaroon House, einstiger Familiensitz von Arthur Guinness, war der Drehort.


Fazit:


„Abigail“ bietet solide Unterhaltung für Fans des blutigen Horrors und schwarzhumoriger Filme. Bettinelli-Olpin und Gillett schaffen es, ihre inszenatorischen Stärken in puncto Gore und Atmosphäre zu zeigen, verlieren aber im Laufe der Handlung an erzählerischer Finesse. Wer jedoch eine humorvolle, bluttriefende Horrorkomödie mit vampirischen Elementen erwartet, wird auf seine Kosten kommen.


>>> STARTTERMIN: Ab dem 18. April 2024 im Kino.


Weitere Informationen zu „Abigail“:

Genre: Horror, Komödie

Produktionsjahr: 2023

Laufzeit: 110 Minuten

Altersfreigabe: FSK 16


Regie: Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett

Drehbuch: Guy Busick und Stephen Shields

Besetzung: Alisha Weir, Melissa Barrera, Dan Stevens und viele mehr ...


Trailer zu „Abigail“:


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