Der wohl kontroverseste Kinostart des Jahres ist erfolgt und liefert nun erste Zahlen. Disneys Realverfilmung von „Schneewittchen“ hat am ersten Wochenende 43 Millionen US-Dollar in den USA und 87,3 Millionen weltweit eingespielt. Doch reichen diese Zahlen aus, um als Erfolg gewertet zu werden?

Die Neuverfilmung des Zeichentrickklassikers von 1937 sah sich früh massiver Gegenwehr ausgesetzt: Die Besetzung der kolumbianisch-US-amerikanischen Schauspielerin Rachel Zegler als Schneewittchen wurde von Teilen des Publikums als „nicht werkgetreu“ kritisiert, begleitet von Vorwürfen gegenüber Disney, man verfolge eine vermeintlich „woke Agenda“. Zusätzliche politische Spannungen entzündeten sich an Aussagen von Zegler und Gal Gadot sowie an der Entscheidung, auf kleinwüchsige Darsteller für die sieben Zwerge zu verzichten. Disney reagierte mit einem stark kontrollierten PR-Ablauf, einer verspäteten Ticketfreischaltung und einer restriktiv organisierten Weltpremiere – für viele Beobachter ein Versuch, die aufgeladene Debatte medienstrategisch zu entschärfen. Trotz dieser Umstände fällt das erste Kino-Wochenende nüchtern betrachtet weder als Flop noch als Triumph aus.
Mit 43 Millionen US-Dollar am US-Markt rangiert der Film im Mittelfeld vergleichbarer Disney-Adaptionen. Zum Vergleich: „Dumbo“ aus dem Jahr 2019 startete auf diesem Markt ebenfalls mit

45,9 Millionen US-Dollar und kam auf ein Gesamt-Einspielergebnis von 353 Millionen US-Dollar. Das Produktionsbudget lag laut Schätzungen bei etwa 170 Millionen US-Dollar, was bedeutet, dass der Film zwar kein Flop war, aber auch nicht als großer finanzieller Erfolg gilt – insbesondere nach Abzug von Marketingkosten und Anteilen für die Kinos. Erfolgreichere Realverfilmungen wie „Aladdin“ oder „Die Schöne und das Biest“ kamen beim Kinostart auf 91,5 und 174,8 Millionen US-Dollar. Analysten sehen in der aktuellen Performance ein typisches „Mid-Level-Opening“: solide, aber keinesfalls blockbustertauglich, was bei einem Budget von schätzungsweise 240 bis 270 Millionen US-Dollar ein Problem für Disney wäre.
Branchenüblich lässt sich daraus ein wahrscheinliches Endergebnis zwischen 110 und 130 Millionen US-Dollar in den USA ableiten, weltweit sind nach aktuellem Stand etwa 300 bis maximal 450 Millionen US-Dollar möglich – vorausgesetzt, die Zuschauerresonanz bleibt stabil. Doch wenn sich das Gesamt-Einspielergebnis von „Schneewittchen“ in diesem Bereich befinden sollte, wäre es für Disney eine Katastrophe. Denn zu den Produktionskosten kommen noch branchenübliche Marketing- und Vertriebskosten hinzu, die bei Blockbustern dieser Größenordnung regelmäßig weit über 100 Millionen US-Dollar betragen. Somit lägen die Gesamtkosten des Films realistisch betrachtet bei mindestens 400 Millionen US-Dollar oder mehr. In der Filmindustrie gilt daher die Faustregel, dass ein Film etwa das Doppelte seines Produktionsbudgets einspielen muss, um profitabel zu sein.
Der Grund liegt unter anderem in der Aufteilung der Kinoeinnahmen: Studios wie Disney

erhalten im Durchschnitt nur etwa 50 bis 60 Prozent der weltweiten Brutto-Einnahmen zurück, wobei der Anteil im internationalen Markt oft noch darunter liegt. Würde „Schneewittchen“ demnach weltweit 300 bis 450 Millionen US-Dollar einspielen, entspräche das einem Rückfluss an Disney in Höhe von lediglich rund 150 bis 250 Millionen US-Dollar – also deutlich unterhalb der kalkulierten Gesamtkosten. Der Film würde in diesem Szenario nicht einmal die sogenannte „Break-even“-Schwelle erreichen und käme einem finanziellen Verlust gleich. Ein ähnliches Beispiel bietet „The Marvels“ aus dem Jahr 2023, das bei einem Budget von rund 220 Millionen US-Dollar weltweit lediglich etwa 200 Millionen US-Dollar einspielen konnte und damit als eines der größten Flops in der Geschichte des Studios gilt.
Für „Schneewittchen“ müsste das weltweite Einspielergebnis vermutlich mindestens 700 bis 800 Millionen US-Dollar betragen, um wirtschaftlich als Erfolg zu gelten. Neben diesen ersten Zahlen von den Kinokassen haben wir auch schon weitere Erkenntnisse, wie der Film angekommen ist. Laut Screen Engine/Comscore gaben 38 % der US-amerikanischen Besucher an, den Film wegen seiner humorvollen Ausstrahlung gesehen zu haben, 32 % wegen des Disney-Prinzessinnen-Genres, wie das Branchenmagazin Deadline berichtet. Vor allem Frauen und Kinder unter 18 Jahren bewerteten den Film positiv.
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