Die vierte Verfilmung des Kinderbuchklassikers „Das fliegende Klassenzimmer“ von Erich Kästner ist ab sofort auf der großen Leinwand zu sehen. In diesem Interview gewährt Regisseurin Carolina Hellsgård Einblicke in die Entstehung der modernen Neuadaption und erklärt, was diese Geschichte so zeitlos und faszinierend macht.
Bildnachweis: © Leonine
Ursprünglich veröffentlichte der deutsche Schriftsteller Erich Kästner seinen Kinderroman im Jahr 1933. Doch die Geschichte hat über die Jahrzehnte hinweg nichts von ihrer Popularität eingebüßt und begeistert noch heute Kinder und Jugendliche. Bereits dreimal zuvor wurde der Kinderbuchklassiker erfolgreich verfilmt, zum ersten Mal im Jahr 1954. Damals trat Erich Kästner sogar selbst auf und rahmte die Handlung als Erzähler ein.
Die zweite Verfilmung erschien 1973, kurz vor Kästners Tod. Während der erste Film der Buchvorlage treu blieb, wurde die Geschichte in der zweiten Adaption vom Winter in den Sommer verlegt. Auch das Ende der Handlung wurde stark verändert. Die bisher letzte Verfilmung von Erich Kästners Geschichte über die Internatsschüler und ihre Rivalitäten wurde im Jahr 2003 auf der großen Leinwand gezeigt, wobei die größten Abweichungen von der Buchvorlage vorgenommen wurden. Nun ist die vierte Verfilmung im Kino gestartet. Das Drehbuch wurde von Gerrit Hermans geschrieben und verlegt die fast 100 Jahre alte Geschichte in die Gegenwart, um die Erlebnisse heutiger Internatsschüler zu erzählen.
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Im vergangenen Jahr wurde die Neuadaption in Berlin und Südtirol gedreht, und die schwedische Regisseurin Carolina Hellsgård führte Regie bei dieser zeitgenössischen Neuauflage. Sie hat eine beeindruckende Besetzung vor der Kamera versammelt, zu der neben aufstrebenden Nachwuchstalenten wie Leni Deschner, Franka Roche, Wanja Valentin Kube, Holly Schiek, Aaron Sansi, Leander Schumann, Morten Völlger und Lovena Börschmann auch erfahrene Schauspieler wie Tom Schilling, Trystan Pütter und Hannah Herzsprung gehören.
Im Vorfeld der Veröffentlichung der neuen Kinoadaption von „Das fliegende Klassenzimmer“ habe ich Regisseurin Carolina Hellsgård einige Fragen gestellt. Zum Anfang, was sie daran gereizt hat, eine Neuverfilmung von Kästners Kinderbuchklassiker zu inszenieren?
Carolina Hellsgård: Für mich sind Erich Kästners Bücher immer noch sehr aktuell, obwohl sie in einer längst vergangenen Zeit spielen. Sie sind zeitlos, weil sie universelle menschliche Konflikte behandeln. Was ich sehr schätze, ist, dass Kästner die Sorgen und Ängste der Kinder ernst nimmt. Genau wie ihre Schwächen und Fehler, weder Kinder noch Erwachsene sind perfekt. Sie alle kämpfen mit diesen Mängeln, oft auf humorvolle Weise. Bei Kästner spüre ich außerdem eine sehr humanistische Haltung. Er ist ein Menschenfreund, kein Zyniker oder Moralist. Und obwohl er Schattenseiten zeigt, verliert er nie die Hoffnung und den Glauben an uns Menschen und was wir als Gemeinschaft erreichen können.
Bei meiner Verfilmung war es mir wichtig, diese humanistische und optimistische Botschaft zu erhalten. Außerdem wollte ich Werte wie Freundschaft und Vertrauen, die Kästner verteidigt, vermitteln und sie ins Zentrum der Geschichte stellen. Gleichzeitig geht es in `Das fliegende Klassenzimmer´ um Gruppenbildung und Revierverhalten, und es wird tatsächlich viel miteinander gekämpft. Das Thema Gewalt unter Kindern fand ich wichtig. Das war mir nicht fremd, da ich selbst in so einem Umfeld aufgewachsen bin.
Der Film Journalist: Was macht die Geschichte aus Ihrer Sicht aus?
Carolina Hellsgård: Das fliegende Klassenzimmer bietet jede Menge Dramatik, es hat alle spannenden Zutaten für einen klassischen Kinofilm. Zwei verfeindete Gruppen kämpfen um ihren Platz: Es gibt eine Entführung, eine große Schlacht und eine Menge kleinerer Auseinandersetzungen. Es geht um Bündnisse und Loyalitäten. Dabei sind die Kinder so etwas wie klassische Helden. Sie müssen sich in Kämpfen beweisen und sich darüber hinaus mit den eigenen Schwächen und Ängsten auseinandersetzen. Die Geschichte verlangt eine Transformation der Figuren.
Sie müssen sich entwickeln, um mit der eigenen persönlichen Situation klarzukommen. Letztendlich müssen sie sich aber auch so offenbaren wie sie sind, was sehr befreiend ist. Gleichzeitig dient das dramatische Setting als eine Art Trojanisches Pferd. Im Fokus stehen zwischenmenschliche Beziehungen, Vertrauen und Freundschaft. Blicke, Mimik, Gesten geben uns Einblick in die Innenwelten der Figuren. Dadurch findet die Geschichte zugleich auf einer sehr emotionalen Ebene statt, was mir extrem wichtig ist.
Der Film Journalist: Was war die größte Herausforderung während der Dreharbeiten?
Carolina Hellsgård: Die knappe Drehzeit …
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Der Film Journalist: Warum sollte man sich „Das fliegende Klassenzimmer“ unbedingt im Kino ansehen und auf gar keinen Fall verpassen?
Carolina Hellsgård: Es ist ein unterhaltsamer und intelligenter Familienfilm!
Die Handlung von „Das fliegende Klassenzimmer“ dreht sich um die dreizehnjährige Martina, die in einer Hochhaussiedlung in Berlin lebt und trotz ihres jungen Alters schon viel Verantwortung für ihre jüngeren Brüder übernehmen muss. Eines Tages erhält sie die Chance, diesem Alltag zu entfliehen, als sie ein Stipendium für das Johann-Sigismund-Gymnasium in dem deutlich kleineren Alpenstädtchen Kirchberg erhält. Doch bei ihrer Ankunft wird sie mit Jo, Matze und Uli konfrontiert, die ihr klarmachen, dass sie die Kontrolle über das idyllische Örtchen haben.
Die Internatsbewohner des Gymnasiums nennen sie die „Externen“ und es herrscht eine erbitterte Feindschaft zwischen ihnen. Während die Rivalitäten zu eskalieren drohen, möchte Martina eigentlich nur lernen und sich aus dem Ganzen heraushalten, da sie unbedingt die Prüfungen bestehen muss, um auf dem Gymnasium bleiben zu können. Doch dann gerät sie in den Streit zwischen den "Internen" und "Externen" und ein dramatischer Unfall wird alles verändern. Seit dem 12. Oktober 2023 läuft die Neuverfilmung von „Das fliegende Klassenzimmer“ im Kino.
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