„Das Erwachen der Jägerin“ wirft einen fesselnden Blick in das komplexe Verhältnis zwischen Helena und ihrem Vater Jacob Holbrook, dem gefürchteten „Moorkönig“. Die Verfilmung des Romans entfesselt einen Vater-Tochter-Kampf auf der großen Kinoleinwand – aber ist das auch sehenswert?
Mit dem neuen Werk von Regisseur Neil Burger „Das Erwachen der Jägerin“ tauchen wir ein in die Verfilmung des packenden Thriller-Romans „Die Moortochter“ von Karen Dionne aus dem Jahr 2017. Im Originaltitel als „The Marsh King’s Daughter“ bekannt, wurde die Produktion im Februar 2018 angekündigt, zunächst noch unter der Leitung von Morten Tyldum und mit der schwedischen Oscarpreisträgerin Alicia Vikander in der Hauptrolle. Doch bevor die Produktion wirklich starten konnte, verließen wieder beide das Projekt und die geplanten Dreharbeiten im Sommer 2019 fanden nicht statt.
Ein Glücksfall für das Filmprojekt war jedoch die rasche Verpflichtung von Neil Burger als Regisseur und der Besetzung der Hauptrolle mit niemand Geringerem als Star-Wars-Star Daisy Ridley. Ben Mendelsohn gesellte sich ebenfalls dazu und so konnte die Produktion schließlich im Juni 2021 in Ontario, Kanada, starten – wenn auch mit zwei Jahren Verspätung. Nun steht der Film kurz vor seinem Kinostart in Deutschland, nachdem er bereits am 3. November 2023 in den USA Premiere feierte. Doch hat sich das geduldige Warten auch gelohnt?
Darum geht es:
Helena genießt mit ihrem Ehemann Stephen und ihrer kleinen Tochter ein beschauliches Leben in der Vorstadt von Michigan. Doch hinter der scheinbar idyllischen Fassade verbirgt sich ein düsteres Geheimnis: Ihr Vater, der gefürchtete „Moorkönig“, ein verurteilter Mörder, hatte Helena und ihre Mutter über Jahre in der Wildnis gefangen gehalten. Nach 18 Jahren Gefängnisaufenthalt bricht er plötzlich aus und stellt eine unmittelbare Bedrohung für Helena und ihre Familie dar.
Um ihre Liebsten zu schützen, muss Helena sich der archaischen Lektionen ihres Vaters erinnern und sich in das undurchdringliche Moor begeben. Ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Vater und Tochter entfaltet sich, während Helena verzweifelt versucht, ihre Familie vor dem bedrohlichen „Moorkönig“ zu bewahren. In einer atemberaubenden Jagd durch die wilden Landschaften Michigans muss Helena nicht nur ihre eigenen Überlebensinstinkte, sondern auch ihre Familiengeschichte überdenken, um dem düsteren Schatten ihrer Vergangenheit zu entkommen …
Die Rezension:
„Das Erwachen der Jägerin“ entführt das Publikum in eine düstere Welt, in der die Grenzen zwischen Liebe und Grausamkeit, Überleben und Opfersein verschwimmen. Die zweigeteilte Handlung beginnt zunächst mit einer ausschweifenden Rückblende, die in die raue Welt der Jäger einführt. Die Ambivalenz von Jacobs Charakter bleibt zunächst im Dunkeln, und die Frage, ob er ein liebender Vater oder ein brutaler Psychopath ist, schwebt bedrohlich über der Handlung. Die frühe Wendung bringt Licht ins Dunkel und offenbart die Dualität dieser Figur.
Die Ausgangssituation birgt das Potenzial für verschiedene Erzählstränge der ambivalenten Vater-Tochter-Dynamik. Leider bleibt das Potenzial dieser Thematik weitgehend ungenutzt, und die Geschichte, obwohl durchaus interessant, wirkt zu jeder Zeit zu groß und komplex für die begrenzte Laufzeit von 109 Minuten. Von der Exposition aus hätte sich ein faszinierendes psychologisches Porträt einer Frau entwickeln können, die einen inneren Kampf um Identität und das rechte Leben inmitten führt. Oder eben, wie vordergründig in „Das Erwachen einer Jägerin“ geschehen, zu einem raschen Survival-Abenteuer. Doch am Ende ist es beides, irgendwie.
Obwohl die Momente reiner Paranoia beeindruckend inszeniert und überzeugend gespielt sind, verlieren sie im weiteren Verlauf an Wirkung, wenn der Fokus sich erneut verlagert und actiongeladene Thriller-Elemente die Handlung prägen. Die Dramaturgie bleibt schlussendlich zu unentschlossen
Trotz dieser Schwächen überzeugen die beiden Hauptdarsteller, Ben Mendelsohn und Daisy Ridley, durch ihre beeindruckende Leinwandpräsenz. Mendelsohn verleiht seinem Charakter durch subtile mimische Mittel wie Blicke, Gesten und charakteristische Bewegungen eine düstere Ambivalenz, während Ridley die innere Zerrissenheit ihrer Figur eindrucksvoll verkörpert, die für ihre Tochter alles geben würde. Leider werden ihre Leistungen durch das zögerliche Drehbuch beeinträchtigt, das volle Potenzial dieser faszinierenden Konstellation wird so nicht ausschöpft.
Technisch gesehen präsentiert sich der Film als lupenreiner Thriller mit einem generischen Aufbau, der dennoch effektiv umgesetzt ist. Die Musik von Adam Janota Bzowski fügt sich mit dissonanten Streichern und Naturgeräuschen geschickt in das Gesamtbild ein. Die rasante Erzählstruktur sorgt für Spannung. Trotz einiger vorhersehbarer Wendungen bleibt die Inszenierung dank der schnörkellosen Regie kurzweilig und ist in jedem Fall nicht langweilig.
Der Showdown am Ende entschädigt für einige Mängel und macht den Film insgesamt als reinen Survival-Thriller sehenswert. Wen die Vater-Tochter-Dynamik weniger interessiert, wird so noch immer von der Spannung und Inszenierung profitieren. Diejenigen, die jedoch tiefer in die Charaktere von Helena und Jacob eintauchen möchten, sei jedoch die Romanvorlage empfohlen.
Fazit:
„Das Erwachen einer Jägerin“ bietet trotz seiner Schwächen ein spannendes Filmerlebnis zwischen Psychogramm und Survival-Thriller, das besonders durch die Leinwandpräsenz von Daisy Ridley und Ben Mendelsohn getragen wird.
6 von 10 Punkten
>>> STARTTERMIN: Ab dem 25. Januar 2024 im Kino.
Weitere Informationen zu „Das Erwachen einer Jägerin“:
Genre: Thriller, Drama
Produktionsjahr: 2022
Laufzeit: 109 Minuten
Altersfreigabe: FSK 12
Regie: Neil Burger
Drehbuch: Elle Smith & Mark L. Smith
Besetzung: Daisy Ridley, Ben Mendelsohn, Gil Birmingham und viele mehr ...
Trailer zu „Das Erwachen einer Jägerin“:
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